Geschichte der Richtenberger Kornbrennerei „Sonne“

 

 

1789 wurde zunächst die Brauerei Biederstädt gegründet.

(Ursprungsbetrieb „ SONNE“) und ab

 

1815 wurde die Brennerei Biederstädt betrieben

 

1815, als Richtenberg Preußen einverleibt wurde (Wiener Kongress 1814/15) bekam das Brennerei- und Brauereiwesen einen Aufschwung in dieser deutschen Siedlungsstadt.

 

1848 legt der Kaufmann August Biederstädt am Markt eine Brauerei und 2 Jahre später (1850) eine Branntweinbrennerei an.

 

1892 vernichtet ein verheerender Brand diese Gebäude

 

1916 wurde die abgebrannte „Biederstädt‘sche Brauerei und Brennerei" von Wiedenhoff - Stralsund wieder aufgebaut und umbenannt in „Stralsunder und Richtenberger Kornbrennerei",

vormals Berg und Biederstädt

 

1922 begannen „Bülow und Neumann“ mit ihrer Spirituosenfabrik Trinkbranntwein und Liköre herzustellen. Ein Erweiterungsbau erfolgt 1948 am Ende der Stadt

 

1926 wechselte der Besitzer der Wiedenhoff- „Stralsunder und Richtenberger Kornbrennerei".

Die Pommersche Spirituosen Verwaltungsgenossenschaft Stettin bildete eine GmbH und führte das Kennzeichen „Sonne“. Absatzgebiete waren Pommern, Schlesien, Ostpreußen, Brandenburg, Berlin und Sachsen, auch der Export war nicht unerheblich.

 

1928 übernahm Ferd. Rückforth, Nachf. AG Stettin die Alte Molkerei und

der Betrieb Deutsche Edelliköre GmbH „Sankt Vitus“ entstand

 

01.11.1938 trat die Pommersche Spirituosen GmbH „Sonne“ die Geschäftsanteile an Ferd. Rückforth, Nachf. AG Stettin ab. Die Geschäftsführung beider Betriebe lag nun in den Händen des Geschäftsführers „Sonne“. Haupterzeugnisse beider Betriebe waren die Herstellung von Kornfeinsprit, „Richtenberger Korn“ und Edelliköre.

 

01.09.1945 Wiederaufnahme (nach dem 2. Weltkrieg) des Betriebes.

Unter der sowjetischen Militärkommandantur musste Ferd. Rückforth Nachf. AG Stettin

die Spiritus und Spirituosenproduktion aus Melasse und Zuckerschnitzel, den derzeitig

Vorhandenen Rohstoffen, nach 3-jähriger Unterbrechung wieder aufnehmen.

 

1946 wurde unter primitiven Bedingungen eine Produktionsgröße von 5.122 hl erreicht, in Fässern gelagert und in Korbflaschen bzw. großen Behältern an Selbstabholer verkauft.

Mit der Entwicklung wuchs die Nachfrage nach Flaschenware, wofür die bisherig genutzten Räumlichkeiten nicht mehr ausreichten.

 

1948 wurde die ehemalige Molkerei (1945-48) vorher „Sankt Vitus GmbH“ umgebaut

zur Spirituosenabteilung.

 

01.07.1948 wurde der Betrieb „Sonne“ Volkseigentum und Unterstand

zunächst der VVB (Vereinigung Volkseigener Betriebe) Nahrung und Genuss Mecklenburg, dann VVB Spiritus Berlin.

 

Diese legte am 31.12.51 die Brennerei still.

Die Anlagen waren veraltet, durch die Melasse Verarbeitung stark

verschlissen und wurden demontiert. Die Räume dienten der

Lagerhaltung.

 

1952/53 wurde nicht mehr gebrannt sondern destilliert.

 

Seit 1952 konnten die Kinder von Betriebsangehörigen schöne Ferien im betriebseigenen Ferienlager verbringen.

Dafür wurden jährlich 13.2 TDM aufgewendet.

 

Bis 1952 gab es im Rechnungswesen des „VEB Sonne“ neben ein paar alten Schreibmaschinen nur 1 Additionsmaschine.

Erst nun wurden Rechen-Maschinen und eine Fakturiermaschine (1959) angeschafft.

 

August 1953 wurde der Betrieb dem Rat des Kreises unterstellt und es wurde Ende 1953 mit Unterstützung des Ministeriums für Lebensmittelindustrie mit dem Wiederaufbau der Getreidebrennerei begonnen, Ausrüstungen von 5 anderen stillgelegten Brennereien wurden eingesetzt.

 

Mai 1954 konnte nach 10-jähriger Unterbrechung wieder der „Richtenberger Getreidekorn“ gebrannt werden. Der Aufbau und die technische Einrichtung entwickelten sich ständig weiter, die alte Dampfmaschine wurde von Elektro-Motoren abgelöst. Eine 2. Rektifizierungsanlage wurde in Betrieb

genommen. Aus dem gewonnenen Rohsprit wurde Korn-Fein-Destillat hergestellt und dieses zum

„Richtenberger Getreidekorn“ verarbeitet.

 

In Kleinstmengen wurden 25 verschiedene Spirituosensorten hergestellt.

Unter primitiven Bedingungen und viel Handarbeit wurden die Flaschen gereinigt und abgefüllt, etikettiert, verpackt und transportiert.

 

In den 50-/60- Jahren wurde die Handarbeit ständig verringert.

Einfache Flaschenwaschmaschinen (1955), - Transportbänder (1954) und

- Füllvorrichtungen erleichterten die Arbeit und führten zur Erhöhung der Produktivität.

- wurde eine Baracke (BO m2) vom ehemaligen Torf Werk Stralsund als Kultur- und Essenraum ausgebaut.

- Eine massive Werkküche kam dazu, die bis 1982 genutzt wurde.

- Aus freiwerdenden Räumen wurden 4 neue Werkswohnungen geschaffen, der Betrieb verfügte damit über 6 Werkswohnungen.

 

 

1955 Frühjahrsmesse "VEB Sonne" unternahm überregionale Anstrengungen.

Es wurden ansprechende Exportmuster in viele Länder des kapitalistischen Auslandes geschickt.

 

1956- (Frühjahr) die größte Exportmesse in Ostdeutschland brachte einen überraschenden Riesenerfolg.

Als einziger Spirituosenbetrieb in der DDR konnte er 3 Exportaufträge mit Holland, Schweden und Island abschließen.

Außerdem wurde ein Vertretervertrag mit NV Java-Sumatra-Handel in Rotterdam abgeschlossen.

 

- Zur Wahrung ihres Ansehens musste ein neuer PKW gekauft werden.

- Schaffung eines Frauenruheraumes und Sanitätsraumes.

- Aufstellung eines 2. Fließbandes in der Abfüllung.

- Aufstellung einer 2. Biermischmaschine mit 400 I Inhalt

 

Die genormte Arbeitsleistung und die Material-Verbrauchsnormen

fanden Beachtung für den Ausbau des sozialistischen Wettbewerbs.

Gute und sehr gute Leistungen wurden zu besonderen Ereignissen

feierlich geehrt.

 

1956 von insgesamt 64 Spirituosensorten legte man sich

auf 15 herzustellende Sorten fest.

 

1960 wurden 2 betriebseigene LKW·s gekauft für die Anlieferung

zum VEB Kraftverkehr Stralsund, der die weiteren Transporte

für die „Sonne“ ausführte.

 

1961 Anschaffung von 2 bürstenlosen Flaschenwaschmaschinen,

die per Hand bestückt wurden (verringerte Handarbeit)

 

1963 wurde der gesamte Flaschentransport mechanisiert. Der Hof

Erhielt Befestigung, um einen Gabelstapler für Gitterbox-Paletten

einzusetzen.

 

01.01.1967 übernahm VEB Sonne die ehemalige Getränkefirma „Bülow & Neumann“ durch Kauf.

Hier wurden zu dieser Zeit bis 31.12.1970 alkoholfreie Getränke hergestellt. Aus Unwirtschaftlichen Gründen wurde die Produktion eingestellt.

 

1968 auf der Internationalen Wein-, Branntwein- und Fruchtsaftmesse

in Ljubljana (damals Jugoslawien) errang die Richtenberger Erzeugnisse erstmalig mehrere Gold- und Silbermedaillen. Hier stellte die Richtenberger „Sonne“ ihre Erzeugnisse mehrere Jahre aus und errang mehrere Medaillen.

 

1969 wurde Verpackung umgestellt auf Stiegen und Kartons und diese dann mit Flachpaletten zum Versand gebracht.

 

01.01.1969 Der „VEB Sonne“ wurde dem Getränkekombinat Rostock zugeordnet. Große bauliche und technische Veränderungen wurden geplant. Die notwendige fachliche Erfahrung und finanzielle

Unterstützung für eine technische Revolution war abgesichert.

 

 

11.06.1969 zerstörte eine gewaltige Explosion mit Brandfolge die Brennerei „Sonne“ Richtenberg restlos.

Wahrscheinlich hatte eine aus dem Rektifiziergerät ausströmende, nicht kondensierte Alkoholmenge ein Alkohol-Dampfgemisch

gebildet, dass sich an offener Feuerung der angrenzenden Kesselanlage entzündete.

 

3 Betriebsangehörige wurden durch einstürzendes Mauerwerk verschüttet und schwer verletzt, Brennereimeister Wilhelm Völz

verstarb am selben Tag an den Folgen der Verletzungen. Wegen weiterer Explosionsgefahr mussten im Umkreis von 500 Metern

98 Familien zeitweilig anderweitig Untergebracht werden. 9 Familien wurden die Wohnungen baupolizeilich gesperrt, sie mussten ausquartiert werden.

 

Die kleine, aber in der Fachwelt bekannte Brennerei und Rektifikation hatte aufgehört zu existieren.

Die technische Grundlage für die Herstellung des „Original Richtenberger Getreidekorns“ gab es nicht mehr, ein Markenname war ernsthaft gefährdet. Der VEB Spiritus Wittenberg konnte die benötigten Mengen Kornfeindestillat bereitstellen und damit die Qualität garantieren.

 

1972 übernahm VEB Sonne den Bierverlag der BHG Tribsees. So sollte sie die Versorgung der Kreise Stralsund, Grimmen und Ribnitz-Damgarten mit Fass- und Flaschenbier absichern. Die Auslieferungen erfolgten mit den 2 betriebseigenen LKW‘s.

Der Umsatz betrug 20 bis 24 khl Bier pro Jahr.

 

1970 er Jahre, der Wiederaufbau sowie der Umbau der ehemaligen alkoholfreien Produktion und der technische Fortschritt brachten:

 

- automatische Fließlinien mit hoher Leistung, wie Flaschenwaschmaschine, Füll- u. Verschließautomat

- Schaffung eines Fasslagers für Halbfertigware mit 5000 I-Eichenfässern

- Heizhaus auf Ölbasis mit Erneuerung der gesamten Heizanlage

- wunderschöner Kulturraum, Frühstücksraum, Umkleideraum mit Waschmöglichkeit

- die Rohrbrücke - Wahrzeichen unserer Stadt, räumliche Trennung wurde damit überbrückt.

- die Folienverpackungsmaschine

 

1980 er Jahre

 

- Aufbau der 2. Abfüll-Linie in Eigenleistung

- Kesselwagentransporte für Sprit und Weindestillat

- Bau eines Tanklagers für Sprit mit 1050 hl Fassungsvermögen.

- Errichtung einer neuen Werkküche

- Bau einer Tankanlage für Halbfertigware (20 Tanks a 160 hl)

- komplexe Rekonstruktion der Flaschenaufgabe 07

- Einführung der EDV bis zum Einsatz eines leistungsfähigen Bürocomputers

- Errichtung eines 40 m hohen Schornsteines in 51 Tagen

 

 

(24.29.10.1988) Neue Erzeugnisse:

 

Big Gin

Klabautermännchen

Aquavit

Zartbitter

Whisky   

echte Neuerung in Zusammenarbeit mit

  VEB Malzfabrik Grevesmühlen und

 VEB Edelbrände Luckenwalde

 

1981 750-Jahrfeier der Stadt Richtenberg, es wurden Abfüllungen mit Sonderdrucketiketten versehen hergestellt, ebenso 1984 für die Hansestadt Stralsund

 

1982 wurde eine Sattelzugmaschine W 50 mit Tankauflieger zum Transportieren von z.B. Primasprit gekauft. 21 Spirituosensorten wurden in 0,7L - und 0,35 L - Flaschen produziert.

 

Ständig konnten aufgrund der technischen Entwicklung die Erzeugnismengen erhöht werden:

 

1950 2.500 hl

1960 13.400 hl

1970 18.000 hl

1980 40.200 hl

 

1987 musste VEB Sonne den Bierverlag der Greifswalder Brauerei in Grimmen

übernehmen. Bier wurde vom VEB Rostockerbrauerei zugeliefert und die alkoholfreien Getränke lieferte VEB Greifenquell Rostock zu.

 

Der Umschlag betrug insgesamt 50 bis 45 khl.

1989 In Vorbereitung des 40. Jahrestages der DDR wurde in Nacht- und Sonderschichten für 522 TM zusätzlich Eierlikör hergestellt. Die Leistungen und die Einsatzbereitschaft der Belegschaft wurden

vom ZK der SED (Zentralkomitee) im April 1986 mit dem Ehrenbanner anerkannt und geehrt.

 

1989 Die 200-Jahrfeier der „Sonne Richtenberg“

 

17.06.1990 Gründung der „Sonne Richtenberg“, Pommern-Spirituosen GmbH

Geschäftsführer: Dietrich Dobberstein

 

07.08.1990 Umwandlung in eine GmbH im Aufbau

 

01.01.1991 Einführung der modernen Computertechnik

 

01.04.1991 wurde von der Treuhand aus der „Sonne“ eine GmbH gegründet, 3 ehemalige leitende Mitarbeiter erwarben die Firma und wurden als geschäftsführende Gesellschafter eingesetzt:

- Dietrich Dobberstein ( ehemaliger 8etriebsdirektor )

- Gerhard Schütze ( ehemaliger Planungsleiter )

- Peter Hoth ( ehemaliger technischer Leiter )

 

Eine neue Marke kommt auf den Markt „Cassis“, Schwarzer Johannisbeer- Likör.

Die neuen Liköre haben 22% Alkoholgehalt, die Magenbitter 30-32%.

Die edlen Getränke werden nach eigenen Rezepten hergestellt,

Das Wasser dafür kommt aus dem 45m entfernten Brunnen.

Die Nachfrage stieg an und das ganze Sortiment konnte im 100m entfernten SB-Konsum

gekauft werden. Zwei Außendienstmitarbeiter waren unterwegs bis zur Landeshauptstadt Schwerin.

Bisher gab es wenige Kündigungen.

 

 

1996 sind (Lt. Hr. Dobberstein gegenüber OZ) ca. 30 verschiedene Spirituosen in der Herstellung.

Neben dem traditionellen „Echten Richtenberger Korn“ gehören:

- Insel Likör

- Klabautermännchen

- Seehund

- Neptun – Geist

- Rügener Kreidefelsen und

- Original - Pommernkorn zu den Aushängeschildern.

 

Das neueste Erzeugnis ist ein Karamellikör mit dem Namen:

- “Karam-Bolage“ und der

- „12 Stars Euro – Brandy“

 

Der Brandy hatte im Brüsseler EU-Informationsbüro von MV seinen großen Auftritt durch die Landrätin Karin Timmel.

 

01.07.1997 Übernahme der Firma durch drinks & food Vertriebsgesellschaft mbH

Berlin-Spirituosengenossenschaft Zahna (die Fläminger Spirituosenfirma in Zahna gehört auch dazu)

Der Entscheidung des Oberlandesgerichtes Köln zufolge musste die „Sonne Richtenberg“ auf den Namen „Goldkrone“ verzichten und mit „Goldsonne“ (gleiches Erzeugnis) den Markt erobern.

Derzeit werden hergestellt.

 

- Goldbrand

- Pommernkorn

- Klabautermann (Kräuterlikör)

- Rügener Kreidefelsen (Grapefruit-Likör)

- Arkonafeuer

- Fischkopfmuschelsucherjodelelenzian (Kräuterlikör nach altem Apotheker-Rezept)

 

14.03.2003 rollten die letzten 20.000 Wodka-Flaschen vom Band

 

31.03.2003 Schließung

 

Marke „Sonne“ wurde von drinks & food Berlin (Herbst 2002)

An Firma Winkelhausen Güstrow verkauft. Von einstigen 101 Mitarbeitern sind bei der Schließung nur noch 4 Frauen und 2 Männer dabei.

 

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