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							untergebracht. Bis 1986 wurde dort Korn gebrannt. 
							(Foto: Stadtarchiv Zülpich) 
					 
					
						„Als der letzte Tankwagen vom Hof rollte, hatte ich 
						Tränen in den Augen“, sagte Hans Flink. Das war im 
						November 1986. Er war Destilliermeister in Zülpich – 
						genauer gesagt bei der Firma Sieger. Die stellte bis zu 
						3000 Liter Schnaps am Tag her. Flink war Destilliermeister in 
					Zülpich – genauer gesagt bei der Firma Sieger. Die hatte 
					ihren Sitz in der alten Zülpicher Burg und stellte dort bis 
					zu 3000 Liter Schnaps am Tag her. Das Stück 
					Römerstadt-Geschichte, das 1986 zu Ende ging, nahm im Jahr 
					1814 seinen Anfang. 172 Jahre Geschichte, Geschichten und 
					Anekdoten, die bei der „Geschichtswerkstatt“ des Zülpicher 
					Geschichtsvereins auf den Tisch kamen." Genau in den vier Wänden, in denen 
					früher die Pumpstation der Brennerei untergebracht war, 
					plauderten drei ehemalige Mitarbeiter aus dem Nähkästchen. 
					Unter ihnen auch der Zülpicher Geschichtsexperte Franz-Josef 
					Schulte. Als Namensvetter Franz-Josef Sieger 1814 die 
					gleichnamige Brennerei gründete, arbeitete Franz-Josef 
					Schulte natürlich noch nicht für die Firma. Dennoch konnte 
					Schulte einiges über die Firmengeschichte erzählen. Und 
					natürlich berichtete Schulte, der jahrzehntelang bei Sieger 
					in der Verwaltung arbeitete, auch von eigenen Erfahrungen.
					Den Anfang machte der ehemalige 
					Prokurist mit einem chronologischen Überblick über die 
					Firmengeschichte. „Franz-Josef Sieger war 1814 schon in der 
					Landwirtschaft aktiv und betrieb eine Mühle bei Bergheim. Er 
					suchte nach einer Erwerbsquelle, die anfallenden 
					Getreideüberschüsse nutzbringend zu verwerten“, sagte 
					Schulte. Aus diesen Überlegungen heraus habe er schließlich 
					die Kornbrennerei gegründet. Nützlich seien Sieger dabei 
					durchaus die Kenntnisse seines Schwiegervaters und seiner 
					Frau Ottilie Dittges gewesen, die schon eine Brennerei in 
					Familienbesitz hatten. Sieger nutzte das gepachtete 
					Klostergut in Füssenich zur Spirituosenherstellung. Als der 
					Firmengründer 1833 starb, übernahm Sohn Heinrich Xaver die 
					Geschäfte und fand sein Liebesglück in der benachbarten 
					Römerstadt. Schulte: „Im Jahre 1847 ehelichte er Margarete 
					Catharina Wach-endorff. Sie war die Tochter des Zülpicher 
					Bürgermeisters Hermann-Josef Wachendorff, dem auch die 
					Zülpicher Burg gehörte.“ Mit der Eheschließung habe Sieger 
					Junior die Kornbrennerei in die Räume der Burg gelegt. Wenig 
					später sei vor allem der Korn „Alter Sieger“ weit über die 
					Grenzen der Römerstadt bekannt geworden. „Im Zweiten 
					Weltkrieg wurden große Teile der Burg und damit der 
					Brennerei zerstört. Es wurde aber gleich mit dem 
					Wiederaufbau begonnen“, erzählte Schulte den 40 Zuhörern. 
					Gekostet habe das Ganze rund eine Million Mark. 1959 
					übernahm Gunther Sieger die Firma, die er grundlegend 
					modernisierte. Schon bald habe die Brennerei das 
					zweithöchste Brennvolumen in Deutschland gehabt. „Zum 150. 
					Firmenjubiläum wurde der Sieger-Schnaps in ganz Zülpich für 
					zehn Pfennig verkauft“, erinnerte sich Schulte. Dies sei bei 
					den Leuten sehr gut angekommen.
					Nach der geschichtlichen Zeitreise 
					übernahm Dieter Mauß. Mauß war ab 1957 der Brennmeister bei 
					Sieger. „5400 Kilo Getreide wurden im Durchschnitt pro Tag 
					verarbeitet“, so Mauß. In den Silos lagerten bis zu 400 000 
					Kilo Getreide, das mitunter sogar aus Kanada oder den USA 
					angeliefert worden sei. Zur Herstellung des Korns musste das 
					Getreide – relativ früh im Herstellungsprozess – gekocht 
					werden. Mauß: „Das war recht geruchsintensiv. Je nach Wind 
					roch ganz Zülpich nach Sieger-Korn.“ Der Brennmeister 
					erinnert sich auch heute noch an eine technische 
					Besonderheit an den Kesseln: den Weingeistzähler. „Der Zoll 
					konnte damit errechnen, wie viel Liter Alkohol aus dem 
					Getreide hergestellt werden kann und ob nicht jemand 
					heimlich etwas zu oft gekostet hat“, so Mauß. Das Ergebnis 
					habe zu dem Zeitpunkt aber eh noch nicht gut geschmeckt. 
					Mauß: „Das war 96,5 prozentiger Alkohol. Das ging gar 
					nicht.“ Zwei Jahre nach dem neuen Brennmeister in Person von 
					Mauß kam auch ein neuer Destillateur nach Zülpich: Hans 
					Flink. „Mein erstes Bewerbungsgespräch hatte ich noch bei 
					Ernst Sieger. Eingestellt hat mich dann aber schon Gunther 
					Sieger“, erinnerte sich Flink. Er habe den Betrieb vor 
					Dienstantritt nie gesehen und sich am ersten Tag gedacht: 
					„Oh Gott, wo bin ich denn hier gelandet?“
					

 
					
 
							„Alte Sieger“: Die ehemaligen Angestellten der 
							Brennerei in Zülpich  Dieter Mauß (Brennmeister/v.l.), 
							Hans Flink (Destilliermeister) und Franz-Josef 
							Schulte (Verwaltungschef) 
plauderten aus dem Nähkästchen. (Foto: Steinicke)
 
 
					
					Der neue Destilliermeister konnte den 
					neuen Chef Gunther Sieger von einer grundlegenden 
					Modernisierung überzeugen. Allein die Eichung aller Fässer 
					durch den Zoll habe mehr als einen Tag gedauert. „Die neue 
					Abfüllanlage konnte 4000 bis 5000 Flaschen in der Stunde 
					befüllen. Das war sogar zu viel für die Etikettieranlage“, 
					so Flink. Die Modernisierung habe dem Unternehmen aber sehr 
					gut getan. Die Produktpalette sei umfangreicher geworden. 
					„Der klassische Sieger-Korn ist bis heute die am häufigsten 
					höchstausgezeichnete Spirituose in Deutschland“, so Flink. 
					Umso schlimmer sei es gewesen, als der Betrieb, bei dem gut 
					30 Angestellte arbeiteten, verkauft wurde. 1980 wurde aus 
					Sieger May, auch wenn die Marke „Alter Sieger“ ihren Namen 
					behielt. Die Firma wechselte samt allen Rezepten den 
					Besitzer. „Ich habe sie aber noch heute im Kopf“, sagte 
					Flink. Der ehemalige Brennmeister Mauß wusste noch zu 
					berichten, dass „Alter Sieger“ auch heute noch gebrannt 
					werde: in Goch am Niederrhein.
					Am Ende der Geschichtsstunde 
					überraschte Helmut Meyer vom Zülpicher Geschichtsverein alle 
					Anwesenden mit einer original „Sieger-Abdeckung eines 
					Brennkessels, den er im Internet erstanden hatte.
					Die Vorsitzende des Geschichtsvereins, 
					Margrit Adams-Scheuer, wusste zum Abschluss noch eine 
					Anekdote zu berichten. „Der Legende nach bin ich mit 
					Sieger-Korn getauft worden. Nach der Kirche ging’s heim, und 
					dann gab es die „Zöölche Däuve“ und mir wurde Korn übers 
					Haupt gegossen“, sagte Adams-Scheuer und rundete damit einen 
					sehr unterhaltsamen Abend ab.